Fake News und die Medien

Warum ein Tweet reicht, um eine Literaturnobelpreisträgerin für tot zu erklären

18. Juni 2025
„Soziale Medien sind keine verlässliche Informationsquelle, sondern eine Quelle für Fake News!"
— Tommaso Debenedetti

In diesem Artikel analysieren wir, wie ein italienischer Journalist mit einem einfachen Tweet die österreichische Medienlandschaft in Aufruhr versetzte – und welche Lehren wir daraus ziehen müssen. Quelle: Profil.at

Der Fall Jelinek

Am Dienstag, dem 18. Juni 2025, verbreitete sich in den österreichischen Medien die Nachricht vom Tod der Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek. Die Quelle? Ein Tweet eines Accounts mit dem Namen "RowohltAT".
Das Problem: Der Account war gefälscht, hatte nur 422 Follower und gehörte dem italienischen Journalisten und "Hoaxer" Tommaso Debenedetti.

Das Muster der Manipulation

Debenedetti hat eine beunruhigend effektive Methode entwickelt:

  1. Identitätswechsel:

    • Der Account wechselt regelmäßig seinen Namen
    • Mal gibt er sich als "RowohltAT" aus, mal als "Diogenes-Verlag" oder "Penguin-Verlag"
    • Auch österreichische Persönlichkeiten wie Erzbischof Franz Lackner oder Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer werden imitiert
  2. Gezielte Auswahl:

    • Das Ziel sind meist prominente Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur
    • Die Opfer sind oft schwer erreichbar oder zurückgezogen lebend
    • Die Falschmeldungen werden strategisch platziert
  3. Medienreaktion:

    • Viele Medien übernehmen die Meldungen ungeprüft
    • Selbst renommierte Nachrichtenseiten fallen auf die Fakes herein
    • Die Korrektur erfolgt oft erst nach erheblicher Verbreitung

Die Verantwortung der Medien

Der Fall Jelinek wirft ein grelles Licht auf die Probleme im modernen Journalismus:

  1. Schnelligkeit vs. Genauigkeit:

    • Der Druck, schnell zu sein, führt zu unkritischer Übernahme
    • Grundlegende Faktenchecks werden vernachlässigt
    • Social Media wird wie eine Presseagentur behandelt
  2. Mangelnde Verifizierung:

    • Ein einfacher Anruf beim Verlag hätte die Falschmeldung aufdecken können
    • Die Anzahl der Follower hätte als Warnsignal dienen können
    • Die Vorgeschichte ähnlicher Fakes wurde ignoriert
  3. Verantwortungslosigkeit:

    • Die Verbreitung von Fake News kann schwerwiegende Folgen haben
    • Betroffene und Angehörige werden unnötig beunruhigt
    • Das Vertrauen in die Medien wird weiter beschädigt

Die rechtliche Dimension

Die Aktionen Debenedettis werfen auch rechtliche Fragen auf:

  1. Identitätsdiebstahl:

    • Die Verwendung gefälschter Accounts könnte rechtliche Konsequenzen haben
    • Betroffene könnten Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend machen
    • Die Rechtsprechung muss sich mit dieser neuen Form der Manipulation auseinandersetzen
  2. Medienhaftung:

    • Medien müssen sich fragen, wie sie mit ungeprüften Informationen umgehen
    • Die Verantwortung für die Verbreitung von Fake News muss geklärt werden
    • Qualitätsstandards müssen überarbeitet werden

Lehren für die Zukunft

Der Fall Jelinek zeigt, dass wir dringend handeln müssen:

  1. Medienkompetenz:

    • Journalisten müssen im Umgang mit Social Media geschult werden
    • Verifizierungsprozesse müssen standardisiert werden
    • Die Bedeutung von Faktenchecks muss wieder in den Vordergrund rücken
  2. Technische Lösungen:

    • Plattformen müssen gefälschte Accounts besser erkennen
    • Verifizierungsmechanismen müssen verbessert werden
    • Frühwarnsysteme für Fake News sind notwendig
  3. Gesellschaftliche Verantwortung:

    • Medien müssen ihre Rolle als Gatekeeper ernster nehmen
    • Leser müssen für Fake News sensibilisiert werden
    • Eine kritische Medienkultur muss gefördert werden

Fazit

Der Fall Jelinek ist mehr als nur eine amüsante Anekdote über einen italienischen Journalisten, der Medien an der Nase herumführt. Er ist ein Weckruf für den Journalismus und die Gesellschaft. Wir müssen uns fragen, warum ein einzelner Tweet ausreicht, um eine ganze Medienlandschaft in Aufruhr zu versetzen. Die Antwort liegt nicht nur in der Cleverness des "Hoaxers", sondern auch in der Verantwortungslosigkeit der Medien und unserer eigenen Unkritik im Umgang mit Informationen.